Die Energiekommission Bayern war ein Gremium des Bayerischen Landtags, mit dessen Hilfe die Energiewende in Bayern aktiv mitgestaltet werden sollte. Die Energiekommission existierte von 2011 bis 2013. In dieser Zeit hat das Gremium den aktuellen Stand der Energiewende in Bayern untersucht und Empfehlungen zum weiteren Vorgehen entwickelt. Die Ergebnisse der 33 Sitzungen wurden am 02.07.2013 in einem Abschlussbericht vorgestellt.
Die Energiekommission bestand aus neun Mitgliedern, von denen vier aus der CSU- und zwei aus der SPD-Fraktion kamen. Freie Wähler, Bündnis 90 /Die Grünen sowie die FDP-Fraktion stellten je ein Mitglied. Zudem gab es eine entsprechende Anzahl von Stellvertretern. Nachfolgend werden die Erkenntnisse aus dem Abschlussbericht zusammengefasst vorgestellt.
Das Zieldreieck der Energiewende
Die Energiekommission hat ein klares Zieldreieck definiert. So spricht sie von den drei Leitmaßstäben Bezahlbarkeit, Umweltverträglichkeit und Versorgungssicherheit. Besonders wichtig ist die Umweltverträglichkeit mit dem Ausstieg aus der Kernenergie hin zu erneuerbaren Energien. Dabei muss selbstverständlich die Energieversorgung garantiert gesichert sein, es darf zu keinen Ausfällen kommen. Bezahlbar bleiben muss die Energiewende allerdings auch.
Umweltverträglichkeit
Die Energiekommission ist sich einig, dass der Anteil der Kernenergie im Strommix von erneuerbarer Energie ersetzt werden soll. Das Problem ist, dass der Umbau nicht nur für die Bevölkerung, sondern auch für Natur und Landschaft verträglich sein soll.
Die neuen Kraftwerke, Photovoltaikanlagen etc. sollen das Landschaftsbild nicht zerstören und auch keine negativen Einflüsse auf das Wohlbefinden der Bayern haben. Ein wichtiger Faktor ist hierfür Energieeffizienz bzw. Energieeinsparung. Je geringer der allgemeine Stromverbrauch ist, desto weniger Energie muss produziert werden.
Versorgungssicherheit
Immer und überall verfügbare Energie wird von der Energiekommission als besonders entscheidend für den Wohlstand angesehen. Die Gesellschaft basiert auf Technologie. Gerade bezogen auf Bayern ist eine unterbrechungsfreie Energieversorgung wichtig, da sie eine große Rolle für Unternehmen spielt, die sich dort ansiedeln und so Wirtschaftskraft und Arbeitsplätze sichern.
Gefordert wird der schnelle Ausbau der Energieinfrastruktur, sowohl was die Strom- als auch die Gasversorgung angeht.
Bezahlbarkeit
Die Energiekommission hat festgestellt, dass die Strompreise in Deutschland über dem internationalen Durchschnitt liegen. Das bezieht sich nicht nur auf den Haushaltsstrom, sondern auch auf den Industriestrom. Da der Strompreis für viele Unternehmen ein großer wirtschaftlicher Faktor ist, sollen die Preise nicht weiter steigen, damit die Unternehmen nicht ins Ausland abwandern.
Es wird auch festgestellt, dass der Anteil von Steuern und Abgaben am Strompreis im Jahr 2013 zum ersten Mal die 50-Prozent-Marke überschritten hat. Daher wird gefordert, dass sich dies ändert und die Abgaben durch ein neues steuerliches Element reguliert werden. Zudem ist Stromversorgung als Grundversorgung zu bewerten, weswegen Strom bei Zahlungsausfall nicht mehr abgestellt werden sollte. Darüber hinaus sollte der ALG-2-Regelsatz angepasst werden. Seit 2008 sind die Stromkosten um 35 Prozent gestiegen, der Regelsatz jedoch nur um 5,6 Prozent.
Zielkonflikte der Energiewende
Wie bereits angedeutet wurde, sieht die Energiekommission Bayern diverse Konflikte zwischen den Zielen der Energiewende. Besonders deutlich wird das beim Konflikt zwischen Ausbaugeschwindigkeit und Bezahlbarkeit. Je schneller der Ausbau gehen soll, desto mehr Geld muss ausgegeben werden. Dieses Geld kann aber im Grunde nur durch die Stromkosten wieder erwirtschaftet werden. Ohne höhere Strompreise ist es schwer, das Geld zusammenzubekommen.
Grundlegende Zielkonflikte
Bevor auf konkrete Konfliktbereiche eingegangen wird, zeigt der Abschlussbericht der Energiekommission Bayern mehrere grundlegende Zielkonflikte auf, zu denen auch der eben genannte gehört. Der Ausbau ist laut Energiekommission ohne die Erneuerbare-Energien-Gesetz-Umlage (EEG) nicht zu schaffen. Allerdings sieht man noch Nachbesserungsbedarf bem EEG, um die Kosteneffizienz zu steigern.
Ein weiterer Konflikt besteht zwischen Versorgungssicherheit und Klimaschutz. Erneuerbare Energie steht nicht so konstant zur Verfügung wie Energie aus konventionellen Quellen. Während die Stromproduktion eines Kraftwerks konstant und regulierbar ist, schwankt sie bei erneuerbaren Energien, da zum Beispiel ein Windkraftwerk nur dann Strom produziert, wenn es windig genug ist.
Aus diesem Grund müssen stets hinreichend Reservekapazitäten zur Verfügung stehen. Das kann durch konventionelle Kraftwerke geschehen, wobei vor allem Gas angeführt wird. Die Stromerzeugung durch Gaskraftwerke torpediert jedoch die Einhaltung der Klimaschutzziele, sodass es weitere Lösungen wie Speicherlösungen geben muss.
Energie wird in Zukunft deutlich dezentraler erzeugt als heutzutage. Ein konventionelles Kraftwerk kann man im Grunde überall errichten und mit Rohstoffen versorgen. Bei erneuerbaren Energien müssen die Kraftwerke dort errichtet werden, wo sie am effizientesten betrieben werden können. Aus diesem Grund setzt man im Norden Deutschlands vermehrt auf Windkraft und im Süden verstärkt auf Solarenergie.
Ebenfalls problematisch ist die Dezentralisierung des Energiesystems. Energie wird in zentralen Kraftwerken erzeugt, von denen die Bevölkerung meist nicht viel mitbekommt. Mit einem dezentralen System wird die Erzeugung für die Menschen jedoch sichtbar. Die Kraftwerke kommen näher an die Menschen heran, beispielsweise in Form von rieseigen Windkraftwerken, die von vielen Menschen als störend empfunden werden, von den allgemeinen Ängsten in gesundheitlicher Hinsicht einmal abgesehen.
Oftmals wehren sich Ortschaften gegen Windparks in der direkten Umgebung, da das Landschaftsbild zerstört wird. Das zeugt von schlechter Akzeptanz von erneuerbaren Energien in der Bevölkerung. Zwar ist der Wandel gewollt, aber niemand möchte ihn spüren bzw. sehen. Die Energiekommission des Bayerischen Landtages sieht das Problem im Bereich der mangelnden Kommunikation. Die Bürger sollten in die Prozesse des Ausbaus stärker einbezogen und besser informiert werden. Es ist notwendig, die Vorteile und die Notwendigkeit des Ausbaus erneuerbarer Energien klarer und positiver herauszustellen.
Damit zusammen hängt auch der Konflikt mit dem Natur- und Landschaftsschutz. Neue Kraftwerke und Stromtrassen stellen einen Eingriff in Natur und Landschaft dar. Hier empfiehlt die Energiekommission, keine pauschalen Regeln aufzustellen und mit dem nötigen Augenmaß Einzelfallentscheidungen zu treffen.
Zielkonflikte im Bereich „Sichere Energieversorgung“
Die Sicherheit der Energieversorgung hat oberste Priorität. Die schwankende Energieproduktion kann hier zu einem Problem werden, denn es muss genügend Reserven geben, wenn Wind- und Solarenergie gerade nicht ausreichend zur Verfügung stehen.
Das Problem ist der Merit-Order-Effekt. Vereinfacht ausgedrückt: Bis der Strombedarf gedeckt ist, wird Strom von Kraftwerken ins Netz eingespeist. Dabei werden die Kraftwerke bevorzugt, die dies am günstigsten tun. Das teuerste Kraftwerk, welches zur Deckung des Strombedarfs zugeschaltet wird, ist das Grenzkraftwerk. Dieses Kraftwerk bestimmt den Strompreis. Die Stromerzeugungskosten von Wind- oder Solarkraftwerken sind besonders gering, sodass immer mehr Strom von diesen eingespeist wird.
Um die Energieversorgung sicherzustellen, sind jedoch weiterhin konventionelle Kraftwerke notwendig. Hocheffiziente Gaskraftwerke könnten nötige Reserven bereitstellen und dabei umweltverträglich arbeiten. Ältere, bereits vollständig abgeschriebene Kraftwerke, können Strom aber günstiger produzieren. Aus diesem Grund wird weiterhin viel Strom z.B. von Kohlekraftwerken eingespeist. Moderne und effiziente Gaskraftwerke sind nicht ausgelastet, dadurch unrentabel und wenig reizvoll. Entsprechend sollen Anreize geschaffen werden, moderne Kraftwerke zu errichten und zu nutzen.
Zielkonflikte im Bereich „Strompreise“
Der Strompreis hat einen direkten Einfluss auf die Wettbewerbsfähigkeit Bayerns. Damit das Land als Standort weiterhin attraktiv bleibt, sollen Steuern und Abgaben, die einen Großteil des Strompreises ausmachen, gesenkt werden. Ein wichtiger Faktor dabei ist die EEG-Umlage. Diese sollte angepasst werden, um die Wirtschaft zu entlasten. Die Verbraucher sollten auch nicht zu sehr darunter leiden.
Obwohl der Ausbau schnell erfolgen sollte, darf er laut Energiekommission auch nicht zu schnell erfolgen. Der Börsenstrompreis ist aufgrund der erneuerbaren Energien ziemlich gering. Auf der anderen Seite wird Strom immer teurer, da die EEG-Umlage steigt und der Netzausbau ebenfalls Geld kostet. Hier sollte auf größtmögliche Kosteneffizienz geachtet werden. Zu viel erneuerbare Energie erhöht durch die Umlage kontroverserweise den Strompreis, weswegen man vermehrt wirtschaftliche Anreize für den Ausbau erneuerbarer Energien schaffen sollte, statt ihn in dieser Form zu subventionieren. Markt und Wettbewerb würden dann schon dafür sorgen, dass Strom bezahlbar bleibt. Erneuerbare Energien sollten schrittweise an den Markt herangeführt werden.
Bei der sinkenden Akzeptanz durch höhere Strompreise tritt die Energiekommission des Bayerischen Landtages erneut auf die Bremse. Sie fordert eine nachhaltig und langfristig ausgelegte Ausbaugeschwindigkeit, damit die Strompreise nicht zu stark steigen. Steigen sie weiter, würde die Akzeptanz der Energiewende in der Bevölkerung in Frage gestellt.
Zielkonflikte im Bereich „Netze“
Ein stärkerer Netzausbau ist zwingend erforderlich. Allerdings ist auch hier wieder das Problem, dass sich Widerstand in der Bevölkerung regt, wenn der Ausbau in der Nähe von Siedlungen sichtbar wird. Es gäbe die Möglichkeit, höhere Entschädigungsleistungen zu zahlen, an denen sich natürlich der Bund beteiligen müsste. Höhere Entschädigungen müssen allerdings auch bezahlt werden, was die Energiewende erneut verteuern würde.
Als anderen Punkt führt die Energiekommission den schleppenden Ausbau der Netze und der Reservekraftwerke an. Es fehlt an Speichern und Last-Management-Systemen, da diese langsamer ausgebaut werden als die energieerzeugenden Kraftwerke. Eine Geschwindigkeitsanpassung beim Ausbau wird angemahnt.
Zielkonflikte im Bereich „Ausbau erneuerbarer Energien“
Zunächst wird eine nationale Ausbaustrategie gefordert. Diese scheint auch notwendig. Erneuerbare Energien sind bundesweit in unterschiedlicher Form verfügbar. So gibt es im Norden vermehrt Windkraftwerke, im Süden hingegen Solarkraftwerke. Dem entsprechend sind unterschiedliche Netzstrukturen erforderlich. Ein Solarkraftwerk hat zum Beispiel einen anderen Produktionsrhythmus als ein Wind- oder Wasserkraftwerk. Da der Ausbau größtenteils Ländersache ist, sollte eine gemeinsame Strategie entwickelt werden.
In Bayern ist die Wasserkraft eine traditionelle Form der erneuerbaren Energie. Ein Neubau von Wasserkraftanlagen muss im Einzelfall geprüft werden. Zunächst sollten vorhandene Kraftwerke modernisiert werden. Da der Raum naturbedingt begrenzt ist, ist es schwierig, den Energiepflanzenanbau voranzutreiben. Das dafür genutzte Land ist logischerweise nicht mehr für den Nahrungspflanzenanbau verfügbar. Es wäre besser, die Biokraftstoffproduktion zu fördern, da diese mit der Futtermittelproduktion gekoppelt ist. Statt Energiepflanzenanbau zu betreiben, sollte man Anreize für den Bau von Biogasanlagen schaffen, die die Reste des Nahrungspflanzenanbaus verwerten.
Neue Windkraftanlagen sollten mindestens 800 Meter von Siedlungen entfernt stehen, damit sie die Bevölkerung weniger stören. Das gilt in optischer Hinsicht als auch aufgrund von Betriebsgeräuschen und Schattenwurf. Viele Menschen befürchten zudem, Windkraftwerke könnten gesundheitsschädliche Emissionen absondern. Über dieses Thema sollte dringend besser informiert werden.
Auch den Denkmalschutz berücksichtigt die Energiekommission Bayern in ihrem Abschlussbericht. Traditionelle und kulturprägende Orte und Gebäude sollten erhalten bleiben. Allerdings ist es denkbar, im Einzelfall zu entscheiden, ob an nicht einsehbaren Stellen, beispielsweise auf Dächern denkmalgeschützter Gebäude, Photovoltaikanlagen errichtet werden können.
Trinkwasser muss selbstverständlich geschützt werden, ist es doch des Menschen wichtigstes Lebensmittel. Daher sollen Windkraftanlagen in Wasserschutzgebieten prinzipiell errichtet werden können, jedoch sollen keine großflächigen Windparks dort entstehen. Erdwärme soll in Wasserschutzgebieten nicht genutzt werden.
Handlungsempfehlungen
Die Handlungsempfehlungen leiten sich direkt aus den zuvor erörterten Sachverhalten und Vorschlägen ab. Das EEG bedarf einer Überarbeitung, da er Weg zum Ökostrom ansonsten vor allem bezüglich des Strompreises sehr teuer werden würde. Das wäre ein klarer Standortnachteil für die Industrie und die Bevölkerung ächzt jetzt schon ob der hohen Strompreise.
Außerdem sollte eine Informationsoffensive gestartet werden. Die Menschen sollen besser verstehen, warum der Ausbau notwendig ist und auch, warum es den landschaftlichen Wandel geben muss. Mit einer besseren Informationspolitik soll zum Beispiel auch die Akzeptanz der notwendigen neuen Stromtrassen erhöht werden.
Die Sicherheit der Energieversorgung hat oberste Priorität. Die Netze müssen ausgebaut werden und es bedarf eines intelligenten Lastenmanagements. Es sollen neue Anreize für den Bau von Biogaskraftwerken und Rahmenbedingungen geschaffen werden, um diese wirtschaftlich betreiben zu können, denn diese sollen die notwendige Reserve sicherstellen.
Generell soll Energie gespart und effizienter genutzt werden. Dazu gehört auch die Aufklärung der Bevölkerung. Es soll ein Bewusstsein für den Energieverbrauch geschaffen werden. Ein niedrigerer Energieverbrauch bedeutet, dass weniger Strom produziert werden muss. Die Energiewende kann dadurch schneller erfolgreich abgeschlossen werden. Auch die Energieeffizienz von Wohngebäuden soll verbessert werden, durch Aufklärungskampagnen und gezielte Förderungen von Modernisierungsmaßnahmen, beispielsweise bei der Wärmedämmung. Es wird ein Ende der verwirrenden Fördermaßnahmen gefordert. Nur transparente und konstante Förderprogramme können einen realen Wandel bewirken, da die Menschen Planungssicherheit haben. Zusätzlich sollte ein Internetportal eingerichtet werden, welches eine Übersicht über alle Förderprogramme und klare Informationen dazu bietet.
Auch die Mobilität ist ein entscheidender Faktor für das Erreichen der Klimaziele. Hier soll das Ziel sein, die Elektromobilität voran zu treiben. Gerade in den Bereichen der Batterietechnik gibt es noch viel Forschungsbedarf. Gezielte Förderung von Technologien in den Bereichen der Elektromobilität kann ein Vorteil für den Wirtschaftsstandort Deutschland sein. Die Förderung sollte aber technologieneutral erfolgen. Wenn nur eine bestimmte Technologie gefördert wird, gibt es keine Anreize, andere Technologien weiterzuentwickeln. Die Politik soll keine Technologie vorschreiben, sondern die Entscheidung, was sich am Ende durchsetzt, dem Markt überlassen.
Eine Kaufprämie für Elektroautos lehnt die Energiekommission Bayern ab, da die Menschen dadurch bei der Entscheidung für ein umweltfreundliches Fahrzeug mit einer bestimmten Technologie stark beeinflusst werden. Stattdessen sollte die Infrastruktur für umweltfreundliche Fahrzeuge ausgebaut werden, beispielsweise durch den Ausbau von Ladestationen oder den Bau von „grünen Parkplätzen“. Im Transportwesen steht auch noch viel Arbeit an.
Aktuelle Elektromotoren sind den Anforderungen des LKW-Transports nicht gewachsen, da sie nicht die benötigte Leistung und Reichweite bringen können. Es sollte mehr Anreize geben, die Entwicklung zum Beispiel von Hybridantrieben für Nutzfahrzeuge zu fördern. Da Treibstoffkosten rund ein Drittel der Gesamtkosten des LKW-Betriebs ausmachen, ist ein niedriger Kraftstoffverbrauch ein sehr gutes Kaufargument. Gleiches gilt für den öffentlichen Nahverkehr. Hier kann auch sehr viel CO2 eingespart werden.
Generell kann die Energiewende nur gelingen, wenn alle an einem Strang ziehen. Die Länder sollten sich untereinander abstimmen und es sollte einen nationalen Ausbauplan geben. Das gilt jedoch nicht nur für Bund und Länder, sondern für die gesamte EU.
Minderheitenvotum der Fraktionen SPD, Freie Wähler und Bündnis 90/Die Grünen
Nachfolgend bezieht sich das Wort „Energiekommission“ auf die Meinung der genannten Fraktionen. Diese üben teils harsche Kritik an den Ergebnissen. Zunächst wird klargestellt, dass die Energiewende vernünftig und notwendig ist, und zwar in vielerlei Hinsicht. Ein Grund ist die Unabhängigkeit Deutschlands von Stromimporten und den damit einhergehenden Preisturbulenzen. Die Energiewende ist auch gut für die Wirtschaft, da zahlreiche, auch dezentrale, Arbeitsplätze erschaffen und erhalten werden. Gerade für die Industrie ist die Energiewende eine große Chance.
Natürlich ist die Energiewende auch gut für die Umwelt und das Weltklima, da der CO2-Ausstoß stark reduziert wird und Ressourcen geschont werden. Atomkraft ist sehr gefährlich. Durch die Energiewende werden Umweltschäden zwar nicht repariert, aber zukünftigen Schäden wird aktiv vorgebeugt. In den meisten Punkten widerspricht die Minderheit jedoch der Arbeit der Energiekommission oder kritisiert sie zumindest sehr scharf.
Gerade die Zielkonflikte werden als falsch bewertet betrachtet. Die schwarz-gelbe Koalition tritt beim Ausbau erneuerbarer Energien zu oft auf die Bremse. Ein möglichst schneller Ausbau ist ökonomisch sinnvoll. Zwar sind die Kosten hoch, doch die Schäden des Nichthandelns wären deutlich größer. Außerdem werden durch einen schnellen Ausbau massiv Arbeitsplätze gesichert und die Forschung auf vielen Gebieten gefördert. Ebenfalls ökonomisch wertvoll sind die Einsparungen bei Energieimporten.
Den Zielkonflikt zwischen Klimaschutz und Versorgungssicherheit lässt die Energiekommission ebenfalls nicht gelten. Alte Kohlekraftwerke sollten vom Netz genommen werden. Diese produzieren zwar günstig, sind aber sehr umweltschädlich. Würden die Kraftwerke nicht mehr produzieren, kann der Bedarf durch hochmoderne GuD-Gaskraftwerke gedeckt werden. Diese können dann deutlich wirtschaftlicher arbeiten und ebenfalls günstig Energie produzieren, ohne die Umwelt so stark zu belasten.
Die Menschen sollten sich an den Anblick von Photovoltaikanlagen und Windkraftwerken in der Landschaft gewöhnen. Natürlich ist hier Aufklärung und Information nötig. Das ist immer noch besser als ganze Dörfer für den Braunkohleabbau zu zerstören.
Kritik am energiepolitischen Zieldreieck
Es wird kritisiert, dass Umweltverträglichkeit erst jetzt ein Faktor in der energiepolitischen Debatte wird. Umweltverträglichkeit wurde bis dato so gut wie nie berücksichtigt, aus den Folgen des Klimawandels hätte man auch vorher bereits etwas lernen können. Auch atomare Katastrophen haben nicht zum Umdenken geführt.
Wirtschaftlich kann man die bisherige Energiepolitik wohl auch kaum nennen. Die Milliardenschäden durch die Luftverschmutzung oder Radioaktivität kann man kaum beziffern, außer man betrachtet, wie stark der Ölpreis in den letzten Jahrzehnten gestiegen ist. Wirtschaftlichkeit solle durch Betriebswirtschaftlichkeit ersetzt werden, da die volkswirtschaftlichen Effekte unberücksichtigt bleiben.
Es wird nur auf den Strompreis geschaut, während die externen Kosten nicht mit einbezogen werden, wie die Endlagerung von Atommüll oder die Kosten von Hochwasserkatastrophen. Ebenfalls müsste die zukünftige Kostenentwicklung berücksichtigt werden, denn nicht unendlich vorhandene Rohstoffe zur Energieherstellung werden nicht günstiger, je knapper sie werden.
Besonders kritisiert wird der Begriff der Bezahlbarkeit, welcher als populistischer Kampfbegriff verwendet zu werden scheint. Gemessen am Bruttoinlandsprodukt sind die Kosten der Stromerzeugung seit 20 Jahren konstant. Allerdings gibt es das Problem, dass die Kosten umverteilt werden. Privathaushalte werden deutlich stärker belastet als Industrie und Großgewerbe. Diese erhalten subventionierten Strom, da es zahlreiche Ausnahmen bei Steuern, Netzentgelten oder der EEG-Umlage gibt.
Zudem werden immer nur die eigentlichen Strompreise angeführt. Die ganzen anderen Kosten, die nicht in den Strompreis einfließen, bleiben unberücksichtigt. Beispiele sind die Sanierung von Atommüllendlagern, die Fluthilfe oder die Kosten des Kohlebergbaus. Diese Kosten müssen auch getragen werden und werden auch noch die nächsten Generationen schwer belasten.
Es wird eine bessere Planung und Zusammenarbeit auf Ebene von Bund und Ländern gefordert. Die Forschung soll gefördert und die Kosten für die Energiewende gerechter verteilt werden. Außerdem soll die Bevölkerung besser informiert und stärker in den Gesamtprozess einbezogen werden. Daneben gibt es erhöhten Bedarf an Fachkräften, wie Energieberater bzw. Energiearchitekten.